
Performance am 16. Mai 2008 in einer Galerie in Budapest, IX. Bezirk, Ráday utca – ich weiß nicht mehr, in welcher Galerie, und welche Ausstellung damit eröffnet wurde. Péter Litván spielt gegen seinen Vater, den 2014 verstorbenen Komponisten Gábor Litván, Schach. Péter kannte den „Königsmechanismus“. Der König bewegt die Figuren, ist aber auch selbst als verletzliche Figur im Spiel präsent. Als Dramenautor und Regisseur stellte Péter sich immer wieder auch selbst auf der Bühne aus. Technische Pannen waren einkalkuliert: bewusst ließ er ihnen Raum, um durch den Riss im Protokoll künstlerischer Qualität den wahren Augenblick zu ermöglichen. (Foto: XING)
Bei der Trauerfeier trug Andrea Nagy ihre beeindruckende Studie vor, in der die mit vielen aktuellen Tendenzen des öffentlichen Lebens in Ungarn überkreuz liegende künstlerische, widersprüchliche Persönlichkeit Péters gewürdigt wird – die Studie ist auf Ungarisch erschienen in der Online-Zeitschrift „A hetedik“: Erinnerung an Péter Litván (Link). Der Video-Künstler János Sugár führt die vielen Facetten der kulturellen Tätigkeit Péter Litváns in der Online-Zeitschrift „Exindex“ auf (Link) – wie vorher auch schon das Nationale Filmarchiv (Link).
Auch dieses Weblog „IntercityWanderjahre“ verdankt seinen Namen der Zusammenarbeit mit Péter Litván (interner Link). Dann waren es plötzlich zwei Weblogs. Meines hatte ursprünglich den Zusatz „VidámPark“ – also „IntercityWanderjahre VidámPark“, seines hieß „IntercityWanderjahre ZuglóiElágazás“. Peters Idee war, dass wir uns von Blog zu Blog die Bälle zuspielen, obwohl er einen Horror davor hatte, „in einer toten Ecke des Internets zu verdorren“. Er kommentierte bei mir als „Petitan“ – ein geniales Pseudonym, das gleichzeitig eine Version seines Namens gab und den Größenwahn einer phantasierten Weltumgestaltung durch Kultur zu karrikieren schien. Dabei glaubte er daran – jeder und jede sollte im eigenen Wirkungskreis kulturell initiativ werden. Im Streit mit mir hat er sein eigenes Blog wieder gelöscht. Damit war aber unsere Beziehung nicht zu Ende. Immer wieder regte er mich zum Schreiben an – wie ich hier in meinem Beitrag „It fades, fades, and fades“ (interner Link) dargestellt habe.
Die in Deutschland lebende Autorin Zsóka Deborah Páthy, für deren Publikation über Joseph Beuys und Auschwitz Péter Litván als Übersetzer tätig war, schickte aus Anlass seines Todes ein ungarisches Gedicht – es wurde bei der Trauerfeier von Mária Pécsi vorgetragen, die Peters Initiative der „Sonntagsschule“ übernommen hat und weiterführen wird. Meine Nachdichtung des Gedichts darf ich hier mit Genehmigung der Autorin veröffentlichen:
Der Schneeglöckchen Seelenglocken
riefen zu Deinem Begräbnis. Ein ins
Blau sich weitender Raum sammelt
das Licht Deiner Einkehr in
Gottes zahllose Wohnungen.
Gesenkten Blicks bestreut der Winter
den Rand Deiner endlosen Kämpfe.
Die Klage, hinter gepressten Lippen
zurückgehalten, lässt gleiten dahin,
was zusammenbleiben will.
Ungeteilt misst der Himmel Dein
Schmerzgewölbe, den kühn in die
Höhe strebenden Bogen.
Siehe, gelöst entlässt er Dich,
begnadigt Dich zu Dir selbst.
(Zsóka Deborah Páthy, Nachdichtung: XING)