Zurück aus Berlin. Es war nicht nur kalt, die Stadt ist auch klamm, kein Geld mehr für Schneeräumung bzw. Streumittel vorhanden. Das Granulat, zum Abstumpfen auf den festgetretenen Schnees gestreut, war bei Tauwetter in den Matsch gesunken und dann bei erneuten Minusgraden wirkungslos in die spiegelglatte und wellige Eisfläche eingefroren. Die Krankenhäuser sollen voll sein mit Menschen, die sich die Knochen gebrochen haben. Die privaten Firmen, denen die öffentliche Aufgabe der Tauwetterproduktion eigentlich überlassen worden war, hatten in den vergangenen milden Wintern Personal entlassen, statt die Leute die – wie sich jetzt herausstellt – wirkungsarmen Kehrmaschinen kaputtpflegen zu lassen. Im Fernsehen war abends Claus Peymann zu sehen, der vor seinem Theater (immerhin Brechts „Berliner Ensemble“) PROTESTIERTE und einen argumentativen Schlittertanz aufführte: Bei aller Polemik gegen den Weltstadtanspruch lag ihm eigentlich auf der Zunge, einen Arbeitsdienst für Hartz-IV-Empfänger zu fordern, damit seinen Theaterbesuchern zur aufgeräumten Stimmung auch geräumte Wege verfügbar sind. Damit wäre er allerdings gefährlich in die Nähe des Vizekanzlers und FDP-Vorsitzenden gerutscht, der im Anschluss an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Sätzen das Leistungsprinzip in Gefahr sieht: „Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.“ In der Tat sind die Passanten in Budapest mit seinem ein bisschen weniger gut funktionierenden Kapitalismus besser dran; hier hat man den Arbeitslosen Hacke, Schaufel und Sicherheitsweste ausgehändigt und so für umgerechnet ein, zwei Euro sowie eine warme Mahlzeit pro Mann oder Frau am Tag zunächst die Straßenbahnweichen und -haltestellen freigemacht, dann die Straßenkreuzungen und Zebrastreifen und schließlich die Bushaltestellen und Gehwege. Da muss man nicht ständig vor die Füße schauen und ein empfindliches Gleichgewicht halten, sondern kann sich auch mal gehen lassen.