Louviers? Holzwickede? Was dieser Porzellanteller mit meiner jüngsten Romanlektüre zu tun hat? Das erfahren Leser:innen in dieser Rezension:
Mary Ann Shaffer/ Annie Barrows, „Deine Juliet“
Mir gefällt der Originaltitel besser: The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society. In der Übersetzung des Clubnamens geht die Alliteration PPP und durch die Genitivkette ein wenig die Poesie verloren: Club der Guernseyer Freunde von Literatur und Kartoffelschalenauflauf. Die paradoxe Zusammenstellung von literarischem Anspruch und dem Rezept aus Küchenabfällen bleibt dennoch erhalten. Ansonsten ist die Übersetzung durch Margarete Längsfeld und Martina Tichy angenehm leicht. Das Unvereinbare, das der britische Humor miteinander versöhnt, blitzt auch im Text immer wieder hervor. Das Schwere wird nicht verschwiegen, aber der Leser darf immer wieder einmal erleichtert auflachen. Er darf es nicht nur, er muss es sogar, angesichts der witzigen Einfälle der Autorinnen.
Die Handlung spielt im Frühjahr 1946 auf der Kanalinsel Guernsey, die – im Besitz der Krone, aber nie Teil des Königsreichs – während des Krieges von der Deutschen Wehrmacht besetzt war. Schon wieder eine Inselgeschichte – doch durch die Form des Briefromans in vielen Narrationen, die in Rückblenden den Anschluss an die Geschichte der Besatzungsjahre suchen. Die persönlichen Perspektiven ergeben ein buntes Kaleidoskop der Inselbewohner. Die Besatzer erhalten mit ausgefeilter Bürokratie eine Zwangsbewirtschaftung aller landwirtschaftlichen Produkte aufrecht, um diese der Versorgung ihrer Armee in Nordfrankreich zuzuführen. Der literarische Club wird bei einer Razzia aus der Not des Augenblicks geboren. Oder aus der Taufe gehoben, um ein illegales Abendmahl zu tarnen, bei dem ein dem Zugriff der Deutschen entzogenes Schwein verspeist wird. Um die Tarnung aufrecht zu erhalten, müssen die literarischen Abende wiederholt werden. Das stellt die lektüre-ungewohnten Clubmitglieder vor Aufgaben, die starke Kontraste zu ihrer Alltagstätigkeit hervorrufen.