Amtliche Anordnung: Schüler und Lehrer sollen die Hitler Rede zur Eröffung des Winterhilfswerkes 1935 in einer Rundfunkübertragung gemeinsam anhören. Verordnungsblatt des Sächsischen Ministeriums für Volksbildung vom 5. Oktober 1935 (17. Jg., Nr. 19, S.118)
Urheber: Holgerjan
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2012: Der Winter mit den Minusrekorden. Das bisherige winterkalte Maximum von -12,5°, am 4. Februar 1950 in Nyíregyháza (Nordostungarn) gemessen, wurde zum Jahrestag ebenfalls in Nyíregyháza übertroffen bzw. unterboten: mit -13,2°. Die Zahl der Kältetoten nimmt zu – auf ca. 250 in Europa am Sonntag Abend. Ungefähr die Hälfte davon in der Ukraine, dem östlichen Nachbarn Ungarns. Hier sind es relativ wenige – noch unter 10. In der vorigen Woche hat die ungarische Regierung sei es gesellschaftliche Solidarität, sei es christliche Nächstenliebe zu einer Sache des „Nationalen Schulterschlusses“ (Nemzeti összefogás) gemacht, zunächst in Erklärungen des Staatssekretärs im Innenministerium, Károly Kontrát, und der Beraterin des Premiers, der Soziologin Zsuzsa Hegedűs. Am Freitag dann der Ministerpräsident selber: „Das Land steht vor einer großen Herausforderung: In welchem Maß können wir aufeinander aufpassen und Leben retten, wenn von Obdachlosen, wenn von den Alten, wenn von Alleinstehenden die Rede ist.“ Es stimmt schon: Die Radio-Rede Viktor Orbáns musste (noch) nicht in den Schulen gemeinschaftlich angehört werden. (Noch) ist kein Winterhilfswerk gegründet worden. Das heißt: Es gibt (noch) keine Solis, die zusätzlich zur Steuer vom Bruttolohn abgezogen werden. Unangekündigt, ohne Leibwächter, seinen Kleinbus selbst steuernd, suchte der Ministerpräsident am gestrigen Sonntag ein Obdachlosenasyl in Budapest auf, um sich selbst ein Bild zu machen. Immerhin war die Boulevardzeitung BLIKK informiert. Trotzdem: Es ist eine fahle, fatale Bühnenbeleuchtung, in die diese an sich sehr anrührenden und hoffentlich auch wirksamen Verlautbarungen und Aktionen getaucht sind. Der Generalverdacht faschistoider Tendenzen sieht sich überall bestätigt: Was unterscheidet die mit 2/3-Mehrheit verabschiedeten „Kardinalgesetze“ von der „Gleichschaltung“? Es hilft nichts: Um eine genaue Analyse kommt man nicht herum.